MIT-EN fordert Entlastung bei den Netzentgelten (Presseartikel Die Welt vom 20.7.23)
Datum des Artikels 21.07.2023
In Welt vom 20.7.23 fordert die MIT eine Entlastung der Netzentelte. An dem Forderkatalo kat der Kreisvorsizzede in seiner Funktion als Mitglied der MIT Bundeskommission Energie mitgewirkt. Der Forderkatalo wurde nun über die CDU in den Bundestag eingebracht.
Von Daniel Wetzel "Welt" von 20.7.23
Vor kurzem noch hatten alle Stromverbraucher die milliardenschweren Subventionen für die Ökostrom-Produzenten direkt bezahlt: Die „EEG-Umlage“ belastete die Energierechnung der Verbraucher jahrelang mit mehr als sechs Cent pro Kilowattstunde. Doch seit Anfang dieses Jahres ist der Kostenblock auf der Stromrechnung weg. Der Bund bezahlt die Ökostromer jetzt aus Haushaltsmitteln.
So etwas wünschen sich mittelständische Unternehmen auch für den nächsten großen Posten auf ihrer Stromrechnung: Die Netzentgelte. Die Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT) von CDU/CSU warnt vor der stetig steigenden Kostenbelastung durch den Ausbau der regionalen und lokalen Stromleitungen – und fordert Steuermittel zur Kostendämpfung.
Der jüngste Beschluss des MIT-Bundesvorstands liegt WELT vor. Er soll nach der Sommerpause ins parlamentarische Verfahren eingespeist werden. Die Reformvorschläge dürften vom neuen CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann, der einst selbst an der Spitze der Mittelstandsunion stand, mit Nachdruck vorangetrieben werden.
Forderung nach Zuschuss aus dem Bundeshaushalt
„Kosten, die nicht primär in den Netzentgelten zu verorten sind, müssen aus den Netzentgelten gelöst und über den Haushalt finanziert werden – so wie bei der EEG-Umlage“, heißt es in dem Beschluss. An die Verteilnetzbetreiber sei „aus dem Bundeshaushalt ein angemessener Zuschuss zur Senkung der Stromnetzentgelte zu leisten, um die Netzentgelte auf einen europäischen vergleichbaren Mittelwert zu senken.“
Das deutsche Stromnetz teilt sich in verschiedene Ebenen auf, vergleichbar einer Landkarte mit Autobahnen, Landstraßen und Ortswegen. Im Mittelpunkt der öffentlichen Diskussion standen bislang nur die „Strom-Autobahnen“ genannten Übertragungsnetze. Diese sollen große Windstrom-Mengen über weite Strecken von den Küsten Richtung Süden bringen. Weil die turmhohen Masten mit ihren 380 Kilovolt-Leitungen das Landschaftsbild beeinträchtigen und Anwohnerproteste hervorriefen, werden diese Höchstspannungstrassen inzwischen als unterirdische Kabelverbindungen verlegt.
Schon die Baukosten der „Strom-Autobahnen“ schlagen sich mit mehrstelligen Milliardensummen auf der Rechnung der Verbraucher nieder. In einem Szenario des sogenannten Netzentwicklungsplans wird in den kommenden 15 Jahren der Zubau von mehr als 21.000 Streckenkilometern zu Kosten von fast 210 Milliarden Euro für nötig befunden. Da sind die Ausgaben für die „Landstraßen“ des Leitungsnetzes aber noch nicht enthalten. Dafür gehen die Kostenschätzungen auseinander, doch weitere 30 Milliarden Euro dürften für diese Verteilnetze aufzubringen sein.
Infolge der mit der Energiewende einhergehenden Dezentralisierung der Stromerzeugung kam es in Deutschland zu erheblichen Steigerungen der Verteilnetzentgelte innerhalb der letzten fünf Jahre um bis zu über 50 Prozent, rechnet die Mittelstandsunion vor: „In den letzten zehn Jahren verschiedentlich sogar um bis zu 200 Prozent.“
Die Kosten für die Verteilnetze bleiben in der Region hängen
Während die Kosten der Übertragungsnetze („Strom-Autobahnen“) bundesweit verteilt werden, bleiben die Kosten der Verteilnetze in der Region hängen – und können sehr unterschiedlich ausfallen. Die Spanne für ein über Mittelspannung beliefertes mittelständisches Unternehmen mit einem Jahresstrombedarf von 16 Millionen Kilowattstunden beträgt je nach Standort zwischen einem Cent und sieben Cent pro Kilowattstunde: „Ein Preisunterschied von 600 Prozent oder 960.000 Euro im Jahr“, kritisiert die Mittelstandsunion.
Auch die Steigerungen der Netzentgelte fallen regional höchst unterschiedlich aus. „Allein von 2022 auf 2023 kam es bei den großen deutschen Verteilnetzbetreibern Westnetz, Westfalen-Weser-Ems, EWE, Pfalzwerke, MIT-Netz und Bayernwerk zu drastischen Erhöhungen der Stromnetzentgelte zwischen 11,5 und 24,3 Prozent“, analysiert die Mittelstandsunion. „Deutschland nimmt damit nunmehr den Spitzenplatz der Stromnetzentgelte in der EU ein.“
Das Ende der Fahnenstange ist damit aber noch lange nicht erreicht, glaubt Gitta Connemann, Bundesvorsitzende der Mittelstands- und Wirtschaftsunion. „Hier geht es auch um die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes Deutschland: Zur Sicherung des Wettbewerbs deutscher Unternehmen auf internationalen Märkten müssen weitere drastische Verteuerungen der Stromnetzentgelte verhindert werden“, sagt Connemann. Abhilfe wäre möglich: Schließlich werden zahlreiche Nebenkosten der Energiewende in den Netzentgelten „versteckt“.
„Ohne stärkere Netze steht ihr erneuerbarer Strom nur auf dem Papier“
Aufseiten der Stadtwerke und regionalen Netzbetreiber kennt man das Problem. Bei ihnen schlagen die Anschlusskosten für die vielen neuen Solaranlagen bereits massiv durch. „Stand heute bringen es alle Photovoltaik-Anlagen im Land zusammen auf eine Leistung von 67 Gigawatt“, stellte Ingbert Liebing, Chef des Verbandes Kommunaler Unternehmen (VKU) fest. „Davon können unsere Netze jedoch bisher nur rund 40 GW Leistung aufnehmen – für die restlichen 27 Gigawatt fehlt in den Netzen schlicht Kapazität.“ In der Folge müssen Photovoltaik-Anlagen bei strahlendem Sonnenschein abgeregelt werden, warnt Stadtwerke-Sprecher Liebing: „Ohne stärkere Netze steht ihr erneuerbarer Strom also nur auf dem Papier, kann real jedoch nicht genutzt werden.“
Auch für den VKU-Chef steht damit fest, dass damit der weitere Aus- und Umbau und die Digitalisierung der Stromnetze wichtig bleibt. „Das geht mit massiven Investitionen der Stadtwerke und kommunalen Netzbetreiber einher“, bestätigt Liebing. „Unterm Strich ist genau deshalb mit weiter steigenden Netzentgelten zu rechnen“, das sei „unvermeidlich.“
Die Bundesnetzagentur als zuständige Bundesbehörde hat bereits den Auftrag erhalten, die „Entgeltsystematik“ zu überprüfen und umzugestalten. Denkbar sei etwa, auch die regional sehr unterschiedlich ausfallenden Verteilnetzentgelte zum Teil bundesweit zu wälzen, wie dies bei den Übertragungsnetzen bereits der Fall ist, teilte die Behörde auf Nachfrage mit. Da die Investitionen in die Verteilnetze „letztlich nicht nur den Kunden in den jeweiligen Netzgebieten zugutekommen, sondern der Gesamtheit der Netzkunden, wäre es denkbar, die Kosten nicht ausschließlich im jeweiligen Netzgebiet zu belassen, sondern zumindest zu einem Anteil bundesweit zu sozialisieren.“
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